Ein Studentenbeirat, der für ein besseres Klima sorgen soll
Die Goethe- und Universitätsstadt Ilmenau schmückt sich gern mit beiden. Den Besuchen des Dichterfürsten und mit ihrer renommierten Universität. Allein das Verhältnis zu den Studenten schien verbesserungswürdig und so übt die Stadt an der Ilm gerade die Annäherung mit einem seltenen Projekt: dem Studentenbeirat.
ILMENAU – Die große kreisangehörige Stadt Ilmenau hat in ihrer Juni-Ratssitzung des vergangenen Jahres für einen solchen Beirat gestimmt, im Oktober hat der Stadtrat die Mitglieder bestätigt. Bis dahin war der Beirat eine einzigartige Einrichtung in Thüringen. Jena zog im November nach. „Es war bekannt, dass das Verhältnis von Stadt und Studenten nicht optimal läuft“, erzählt Christoph Jörg. Er ist Vorsitzender des Gremiums und wie viele Ilmenauer Studenten vor allem Studierender und kein Ilmenauer. „Es fand nicht wirklich eine Kommunikation statt“, diagnostiziert der Wirtschaftsinformatiker oberfränkischer Herkunft.
Politisches Geschäft
Der Studentenbeirat soll nun vor allem die Kommunikation zwischen Studenten und Stadt verbessern. „Wir sind eine Brücke“, formuliert’s Jörg. Was konkret im Argen liegt auf Seiten der Studis indes wollteerst herausgefunden werden. Sozusagen als erste Aufgabe des Gremiums. Eine „Umfrage zum Studentischen Leben in Ilmenau“ war auf dem Plan. Die 27-seitige Werk als Ergebnis zunächst eine statistische Analyse – und ein erster Vorgeschmack auf die Wirklichkeiten des kommunalpolitischen Lebens in Ilmenau. Einfach einen Fragebogen ausdenken – wenn auch selbstredend nach den Standards der Sozialforschung – und diesen auf eine Internetseite stellen, war jedenfalls zu wenig. Rücksprachen mit dem Oberbürgermeister Gerd-Michael Seeber (CDU) mussten her, die vier Vorsitzenden der Stadtratsfraktionen wollen ebenfalls gefragt sein und Änderungen eingeben. Kommunalpolitik eben. Interessen berücksichtigen, fragen, abklären, konsultieren. Es dauert. „Man ist am Anfang ein bisschen überrascht“, gibt Jörg zu.
Und so recht kann er kein Fazit nach dem ersten halben Jahr ziehen. Der diplomatischen Politikersprache hat er indes schon angenähert. „Es ist überhaupt ein großer Schritt, dass man sich Gedanken macht“,versichert er. Mit der Analyse der Umfrage, an der sich binnen dreier Wochen immerhin knapp 1800 Studierende beteiligt und 1133 den Online-Fragebogen komplett ausgefüllt haben, will sich der fünfköpfige Beirat nun an die Sacharbeit machen. Neben Jörg, seinem Stellvertreters und zwei weiteren Studenten gehört ihm noch Christian Fiebig als Referatsleiter Stadt des Studentenrates an, außerdem beratend Heiko Wittwer, der das Rektorat der Uni vertritt.
Der Beirat kann vor den Ausschüssen studentische Belange vortragen und hat das Recht, Anfragen und Stellungnahmen an den Stadtrat zu richten. Mehr als eine Anhörung vor dem Hauptausschuss der Stadt ist bisher nicht rumgekommen. Und so mag der Beauftragte der Stadt für den Beirat, Kulturamtsleiter Ingolf Krause, ebenfalls weder ein Fazit ziehen noch den Ilmenauer Weg anderen Städten empfehlen. „Vielleicht in einem, besser zwei Jahren.“ Die Umfrage des Ilmenauer Beirats hat indessen vor allem bestätigt, was ohnehin schon sprichwörtlich war: „Ilmenau ist, was Du draus machst!“ Die 30 000-Einwohner-Stadt kann nicht alle Erwartungen an Freizeit- und Kulturangeboten erfüllen. Ihr Anteil von 18- bis 25-Jährigen ist immerhin so groß wie sonst bei einer mehr als dreimal so großen Stadt. Bedenklich stimme, dass viele Befragte den Eindruck haben, die Einheimischen mögen die Studierenden nicht. Das Gros der Studis wiederum mag Ilmenau, würde es auch weiterempfehlen. Welche Schlüsse daraus zu ziehen sind, wird noch diskutiert. Intern im Studentenbeirat wie auch mit Oberbürgermeister und Fraktionsvorsitzenden.
Ob das Ilmenauer Pilotprojekt Studentenbeirat Schule macht, hängt von einigen Faktoren ab. Seine noch jungen Erfahrungen stellt Jörg demnächst auch in Jena bei einer Veranstaltung der Friedrich-Ebert-Stiftung vor. Jene hat zumindest aus Gotha schon Interesse vernommen. Christoph Jörg, der Vorsitzende des Studentenbeirates Ilmenau, hält eine Analyse in der Hand. Sie gibt Aufschluss darüber, wo den Studenten in der Goethestadt der Schuh drückt. Der Beirat soll helfen, dass sich Stadt und Studis näher kommen.
Quelle: Freies Wort 18.04.2007 von Karin Düchs